Die Polar Vantage V2 ist der Nachfolger der Vantage V, die 2018 mit einigen Kinderkrankheiten auf den Markt kam. Die wurden zwar mit vielen Software Updates nach und nach behoben, haben aber den Kunden ganz schön Geduld abverlangt.

Bei der V2 ist das diesmal anders und Polar hat mit der neuen Uhr ein wettbewerbsfähiges Modell auf den Markt gebracht.

Einige Neuerungen sind z.B. die Turn-by-Turn-Navigation via Komoot, HillSpliter, womit automatisch Bergauf- und Bergabschnitte erfasst werden, und FuelWise – ein „smarter“ Energie-Assistent fürs Handgelenk.

Die V2 bietet einen Lauf- und Rad-Leistungstest, sowie ein Bein-Erholungstest. Mit dem Lauf-Leistungstest kann der Trainingsfortschritt verfolgt und die Herzfrequenz-, Geschwindigkeits- und Leistungszonen individuell ermittelt und eingestellt werden. Mit dem Rad-Leistungstest werden die Leistungszonen personalisiert und die individuelle Funktionsleistungsschwelle (FTP) ermittelt.

Das Zifferblatt lässt sich farblich leicht anpassen. Es gibt ein neues Widget mit der Trainings-Wochenübersicht und die Musik auf dem Smartphone kann direkt über die Uhr gesteuert werden – sofern man das braucht.

Ich darf mit der Polar Vantage V2 seit Dezember trainieren und schreib hier mein erstes Feedback. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Polar und den Dresdner Laufsportladen für die Bereitstellung.

Ein Fliegengewicht aus Aluminium
Das Gehäuse der Vantage V2 ist eine Aluminiumlegierung und glasfaserverstärktes Polymer, nach dem Militärstandard MIL-STD-810G geprüft und ist bis zu 100 Metern Tiefe wasserdicht. Die Vantage V2 sieht am Handgelenk elegant aus, kommt nicht als „großer Klopper“ daher und ist mit nur 52 Gramm gute 16 Gramm leichter als der Vorgänger.

Das kreisrunde und transflektive 1,2 Zoll Farb-Touchscreen mit 240 x 240 Pixeln wird durch Gorilla Glas gegen Brüche und Kratzer geschützt. Dank der „Antifingerprint“-Beschichtung ist das Display weniger stark anfällig auf Fingerabdrücke. Neu ist ein Umgebungslichtsensor, der die Helligkeit automatisch den äußeren Bedingungen anpasst.

Aufgrund der eingesetzten Display-Technologie fällt die Farbbrillanz eher bescheiden aus und kann nicht mit die Farbpracht eines AMOLED-Displays mithalten. Dafür kann das Display im Freien und auch bei direkter Sonneneinstrahlung überzeugen.

Die Uhrenanzeige lässt sich personalisieren, es gibt ein digitales oder analoges Zifferblatt in verschiedenen Farbdesigns (Gelb, Grün, Blau, Orange, Rot, Lila und Rosa).

Die Uhr kann über das Touchscreen-Display oder über die fünf Tasten auf der Seite bedient werden.

Auf der Unterseite befindet sich die optische Pulsmessung (Precision Prime Sensor-Fusionstechnologie) und die Lade-PINs. Polar setzt auf drei unterschiedliche Farb-LEDs für die optische Pulsmessung, was in einer höheren Genauigkeit resultieren soll. Der mitgelieferte Ladeadapter dockt magnetisch an die vier Lade-PINs an. Für die Pulsmessung muss die Uhr muss sehr fest am Handgelenk getragen werden, ist aber trotzdem unabhängig vom Hersteller ungenauer als mit Brustgurt. Ich hatte die Pulsmessung nur in den ersten 2 Wochen kontinuierlich eingeschaltet und die Werte haben im Vergleich zum Brustgurt nur um ca. 5 Schläge variiert. Mittlerweile nutze ich die Pulsmessung nur im Training und trage die Uhr im Alltag etwas lockerer.

Das Silikon-Armband gibt es in verschiedenen Farbvarianten und trägt sich sehr angenehm. Das Standardband hab ich durch eines in der Größe S getauscht, welches ca. 3cm kürzer ist und damit besser passt.

Inbetriebnahme
Die Polar Vantage V2 ist sehr schnell eingerichtet und wird über die kostenlose Polar Flow-App (aus dem Google Play Store oder Apple App Store heruntergeladen) mit dem Handy gekoppelt. Der Assistent führt Schritt für Schritt durch die Inbetriebnahme. Alternativ lässt sich die Uhr auch über den Computer einrichten. Um das volle Potenzial der Vantage V2 zu nutzen, ist ein Konto in der Polar Flow-App via Website notwendig.

Aktivitätstracking
Zu den „Basics“ gehört das Tracking der täglichen Aktivitäten der an einem Tag zurückgelegten Schritte und daraus resultierende Distanz, sowie Kalorienverbrauch und Aktivitätszeit.

Es lassen sich drei Aktivitätsziele zwischen Einsteiger und Ambitioniert definieren. Das Ziel ist auf täglich 100% oder mehr zu kommen. Um das zu erreichen, werden Empfehlungen angezeigt, wie man das Aktivitätsziel erreichen kann. Im Dezember konnte ich wegen meinem Beinbruch im Oktober noch nicht trainieren, weshalb mich die Polar Vantage V2 mit einer Inaktivitätsmeldung (Uhr vibriert) ständig darauf hingewiesen hat, dass ich mich mehr bewegen sollte. Das hat mich genervt und ich habe diese Meldung sehr schnell deaktiviert.

Trainieren
Mit der Vantage V2 können über 130 Sportarten aufgezeichnet werden, von denen sich bis zu 20 Sportarten über die Flow-App auf die Uhr übertragen lassen

Normalerweise gehört Schwimmen zu meinem Standardtraining, aber seit November sind die Schwimmhallen wegen Corona geschlossen. Also hab ich mich aufs Laufen, Radfahren und Athletik/Stabi beschränkt.

Während eines Trainings zeigt die Uhr zahlreiche Details, wie z.B. Tempo, Distanz, Dauer, Herzfrequenz- und Herzfrequenzzonen an. Über die Flow-App nur auf dem Rechner lässt sich die Anzeige individuell zusammenstellen und bearbeiten.

Zusätzlich gibt die Uhr Auskunft über Leistungs- und Geschwindigkeitszonen, erinnert via FuelWise daran Energie und Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Mit dem Hill Splitter werden beim Laufen und Radfahren die Bergauf- und Bergababschnitte dokumentiert. Auch Strava Live Segments werden angezeigt.

Aktive Trainingseinheiten können mittels Tastendruckes unterbrochen oder beendet werden und es lassen sich manuelle Runden definieren. Nach dem Training werden alle aufgezeichneten Werte in die Flow-App (oder Web-Portal) übertragen, wo eine umfassende Analyse der Trainings möglich ist. Die Uhr hat hierfür ein paar nützliche Funktionen integriert:

  • Trainingsnutzen: Feedback zur Wirkung der Trainingseinheit, wie z.B. Tempo & Maximaltraining, Tempotraining+, usw.
  • Training Load Pro: Ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung und gibt Aufschluss darüber, wie  Trainingseinheiten diese verschiedenen Systeme beanspruchen und welche Auswirkungen dies auf die Leistungsfähigkeit hat. Training Load Pro ermittelt die Trainingsbelastung sowohl für das Herz-Kreislauf- als auch Muskel-Skelett-System (Cardio Load und muskuläre Belastung). Mit der „Empfundene Belastung“ wird bewertet, wie stark beansprucht das Training war.
  • Energiequellen: Was wird während einer Trainingseinheit mehrheitlich verbrannt? Kohlenhydrate, Eiweiß oder Fett?

Jedem Lauf-Training wird ein Running Index zugewiesen, der direkt in der Flow-App eingesehen werden kann und ist eine Schätzung der maximalen aeroben Laufleistung, die durch die aerobe Leistungsfähigkeit und Laufökonomie beeinflusst wird. Somit kann man nach jedem Lauf den eigenen Fortschritt verfolgen.

Der Cardio Load gibt Auskunft darüber, ob in den letzten Tagen zu viel trainiert wurde und eine Überforderung für den Körper entstanden ist. Sollte man weiterhin auf diesem Niveau trainieren, könnte das Risiko für sportbedingte Verletzungen steigen. Es ist also ein Wert, den man im Auge behalten, aber auch nicht überbewerten sollte. Wichtig ist aus meiner Sicht viel mehr was mein Körper mir sagt. Das gilt vor allem auch dann, wenn die App sagt ich sollte mich bewegen. Da ich mir im Herbst den Fuß gebrochen hatte, konnte ich mit dem Training erst im Januar wieder starten. Deshalb zeigte die Uhr in den ersten 4 Wochen permanent „Überforderung“ an. Im Februar entsprach dann die Auswertung auch meiner Erwartungshaltung.

GPS-Signal
Die positionsgenaue Aufzeichnung geschieht via GPS, GLONASS, Galileo oder QZSS mit Assisted GPS. Es werden jeweils zwei Positionierungssysteme parallel genutzt, wobei GPS immer gesetzt ist. Hinzu kommen ein integrierter Kompass und Höhenmesser.

Grundsätzlich liefert die Vantage V2 ein gutes GPS-Signal. Bei meinen Trainingseinheiten, egal ob Rad oder Laufen, gab es insgesamt nur geringe Abweichungen zur zurückgelegten Strecke.

Wie das Ganze im Sommer bei Laufeinheiten in dichten Wäldern aussieht, werde ich im Sommer herausfinden. Ich mach mir da allerdings wenig Sorgen, meine Erfahrungen mit dem Vorgängermodell waren auch dort durchweg positiv.

Turn-by-Turn-Navigation mit Komoot
Die Vantagte V2 hat eine Turn-by-Turn-Navigation via Komoot, mit dem Touren im Vorfeld über Koomot geplant und anschließend auf die Uhr übertragen werden können. Die Uhr informiert dabei, in welche Richtung man sich bewegen muss. Das funktionierte sowohl beim Radfahren als auch beim Laufen ohne Probleme. Die Richtungswechsel werden ca. 50m vor einer Weggabelung angezeigt.

Lauf-Leistungstest
Der 40-minütige Lauf-Leistungstest setzt sich aus einer 10-minütigen Aufwärmphase und einem anschließenden Steigerungslauf zusammen, mit dem Ziel die maximale Leistung während den 30 Minuten zu erreichen.

Als Ergebnis wird die maximale Herzfrequenz, die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max), die maximale aerobe Leistung (MAP) und die maximale aerobe Geschwindigkeit (MAS) ermittelt.

Grundsätzlich funktioniert der Test einwandfrei und gibt einen annähernd guten Eindruck, wie es um die eigene Laufleistung steht. Voraussetzung ist ein gutes GPS-Signal.

Rad-Leistungstest
Der Rad-Leistungstest misst die maximale durchschnittliche Leistung, die über 60 Minuten aufrechterhalten werden kann (Schwellenleistungstest FTP). Der Test lässt sich auch auf 20, 30 oder 40 Minuten verkürzen, das Ergebnis wird dann auf 60 Minuten „hochgerechnet“.

Ob ich diese Tests selber mache oder mir dafür Unterstützung von einem Sportarzt hole, muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Tests im Labor auf dem Laufband oder Rolle inkl. Laktatanalyse liefern aus meiner Sicht genauere und belastbarere Ergebnisse.

Bein-Erholungstest
Der Bein-Erholungstest sagt etwas darüber aus, wie gut sich die Beinmuskulatur vom Training erholt haben und wie sich die Explosivkraft entwickelt hat. Der Test beantwortet auch die Frage, ob man bereits wieder bereit für ein Geschwindigkeits- und Krafttraining ist. Da ist aus meiner Sicht wieder wichtig auf die Signale des Körpers zu achten.

Ausführliches Schlaftracking
Sleep Plus Stages
Für unsere Gesundheit und das Wohlbefinden ist ein ausreichend guter Schlaf ganz wichtig. Das Schlaftracking Sleep Plus Stages analysiert den eigenen Schlaf ganz gut. Es wird die Menge und Qualität des eigenen Schlafs aufgezeichnet und in die drei Schlafphasen (Leichtschlaf, REM-Schlaf und Tiefschlaf) unterteilt.

Der Schlafindex ist ein Zahlenwert, der angibt wie viel und wie gut ich geschlafen habe. Die Bewertungsskala für den Schlafindex ist 1 bis 100. Ein typischer Schlafindex liegt bei 70 bis 85.“

Nightly Recharge Erholungsanalyse
Anhand des autonomen Nervensystems (ANS), der Qualität des Schlafs (Sleep Plus Stages) und der Herzfrequenzvariabilität (HRV) ermittelt die Uhr, wie meine Erholung von Stress und vom Training über Nacht verlaufen ist.

Wettervorhersage
Die Wettervorhersage informiert detailliert über die bevorstehenden Wetterbedingungen. Dazu zählen die Temperatur, Regenmenge, Windgeschwindigkeit und Feuchtigkeit. Die Wettervorhersage wird stündlich während ca. 24 Stunden abgebildet. Für die nächsten zwei Tage gibt es jeweils ein dreistündiges Zeitfenster für die Wettervorhersage.

Musiksteuerung/Smart Novication
Über die Uhr lässt sich Musik vom Smartphone steuern und Benachrichtigungen von eingehenden Anrufen, Nachrichten und Push-Benachrichtigungen aus Apps für soziale Netzwerke auf dem Display anzeigen. Da mich Kopfhörer beim Training stören, hab ich diese Funktion noch nie genutzt. und deshalb deaktiviert

Akku
Polar verspricht 40h im Trainingsmodus und die Uhr kommt da auch sehr nahe ran. Nach dem Aufladen hat mein Akku annähernd 1.100 Minuten Training (Stabi, Rollentraining, Langlauf und Laufen) inkl. eingeschaltetem GPS und kontinuierlicher Pulsmessung 11 Tage durchgehalten. Die GPS-Aufzeichnungsrate kann ich individuell einstellen und damit die Akku Laufzeit weiter verlängern.

Fazit
Mit der Vantage V2 hat Polar die Kinderkrankheiten der V1 überwunden und überzeugt mit dem Gewicht und dem Design. Während ich bei der V1 das Gefühl hatte Beta-Tester für Polar sein, sind die Funktionalitäten der V2 ausgereift und überzeugend.

Eine Sportuhr ist ein sinnvolles Werkzeug zur Trainings- und Wettkampfsteuerung. Wir können Stunden mit der Auswertung der Trainingsdaten verbringen, sollten aber dabei nicht den Spaß am Training und an Wettkämpfen vergessen. Die Ergebnisse die mir die Uhr zeigt, sollten mich nicht davon abhalten die Signale meines  Körpers wahrzunehmen. Wenn der mir sagt, dass eine Pause sinnvoll wäre, die Uhr aber der Meinung ist, dass ich unterfordert bin, habe ich in den letzten 20 Jahren meiner Sportkarriere gelernt eher auf meinen Körper zu hören. Denn der kennt mich besser als jeder Rechner.

Würde ich die Uhr kaufen? Ein klares JA – die Vantage2 ist ein bissel auch eine Wette auf die Zukunft. Vieles was an Funktionalität angeboten wird ist faszinierend, spannend und innovativ und eine gute Voraussetzung dafür, dass die Uhr eine Erfolgsgeschichte wird.