Challenge Roth 18.07.2010 – mein längster Tag

Die Challenge Roth 2010 – meine erste Ironman Distanz – ist Geschichte und es fällt schwer das Erlebnis in Worte zu fassen.

Im Mai 2009 hab mich entschlossen 2010 meine erste Langdistanz zu absolvieren, weil irgendwann muss das mal sein und wenn ich es jetzt nicht mache, verschieb ich es immer wieder auf ein nächstes Jahr. Jetzt werden Nägel mit Köpfen gemacht und so sitz ich am 16.07.2009 ab 11:50Uhr hektisch vorm PC und warte auf die Freischaltung der Online-Anmeldung. Nach 3Versuchen komm ich durch und um 12:01Uhr ich bin angemeldet für die Challenge Roth 2010.

Ab September wird es dann ernst, ich schreib mir einen auf mich zugeschnittenen Trainingsplan und ab November steig ich in das Training ein. Die Zeit bis Juli 2010 vergeht wie im Fluge und immer mal wieder auftauchende Zweifel an meinem Tun werden durch optimale Trainings- und Wettkampfergebnisse (Citylauf Dresden HM 1:32:56, Rennsteiglauf Supermartathon 72,8km 7:06:21) bei Seite geschoben.

Im Juni gehen die Trainingsumfänge zurück, die Zweifel alles richtig gemacht zu haben nehmen zu und die Nervosität steigt je näher das Rennwochenende rückt. Mein Ziel bei meinem ersten Ironman war mit einem Lächeln im Gesicht die Finshline zu erreichen. In meinem Hinterkopf hatte sich eine Zeit von 12 Stunden eingenistet – mal sehn was rauskommt.

Wir reisen am Donnerstagabend in einem kleinen Familienhotel in Berching, ca. 35km südlich von Roth an. Am Freitag beim Abholen der Startunterlagen spür ich hautnah die besondere Stimmung der Triathlonmetropole Roth. Eine Stadt und ein Landkreis im Triathlonfieber, es entsteht der Eindruck jeder ist in die Organisation eingebunden, die Leute hier leben Triathlon – unglaublich. Die Anmeldung im Meldebüro geht problemlos und schnell über die Bühne. Den Nachmittag verbringen wir auf der Expo und in der Stadt.

Am Samstagnachmittag beim Bike-CheckIn schau ich mir den Schwimmstart und die Wechselzone1 am Main-Donau-Kanal an. Auch hier perfekte Organisation, Einlass und Registrierung über Transponder und Abstellen meines Rades am definierten Platz. Pünktlich 18:00Uhr treffen wir uns mit Lutz und Dennis vom Moritzburger TV zur Wettkampfbesprechung im Festzelt – die Nervosität steigt nochmal.

Sonntag – ich hab einigermaßen geschlafen und war natürlich vor dem Wecker klingeln um 3Uhr wach. Von dem vom Hotel bereitgestellten Frühstück nehm ich nur den Kaffe und ein trockenes Brötchen. Gegen 4Uhr fahren wir los und sind nach knapp 45 Minuten auf dem Parkplatz am Kanal. Nochmal zum Rad, Luft aufpumpen, Schuhe an die Pedale, Trinkflaschen an’s Rad und …. oh Gott wo ist mein Transponder. Den hab ich total aus den Augen verloren. Normalerweise mach ich den immer schon einen Tag vorher an’s Bein, aber heute hab ich das wohl richtig verbrummt. Also noch mal alle Beutel und den Rucksack auspacken – aber der Transponder bleibt verschwunden. Zurück zum Auto – auch nix – jetzt wird’s richtig hektisch. Es gibt 3 Möglichkeiten, entweder liegt das Teil im Hotel, im blauen Laufbeutel in der Wechselzone2 oder ich hab ihn nach dem Bike-ChekIn gestern verloren. Weiteres Suchen hilft nix, ich geh zum Infostand und bekomme ohne großen Aufwand einen Ersatztransponder – jetzt geht mein Puls etwas runter und ich kann mich auf meinen Start konzentrieren.

Punkt 6:00Uhr starteten die Profis – deren Start hab ich aber nur nebenbei mitgekriegt – es wird in 16 Startgruppen a 200 Starter gestartet. Meine Startgruppe wird 07:30Uhr in den Kanal geschickt und jetzt hieß es 1,5km kanalabwärts schwimmen bis zur nächte Brücke, dann die Wende und 1,9km zurück, vorbei am Start/Ziel bis unter die Brücke durch um dann nach weiteren 400m Endspurt beim Schwimmausstieg an Land zu gehen. Die erste große Überraschung war die Wassertemperatur, die vom Veranstalter mit 22,9°C angeben wurde. Ich kam mir im ersten Moment wie in einer großen Badewanne vor und kann mir beim besten Willen nicht vorstellen dass das Wasser weniger als 25°C hatte, was vielleicht auch an den Lufttemperaturen von 16°C lag – aber egal, Neo war erlaubt und ich stürze mich in den Kanal. Mein Schwimmtechniktraining hat sich „bezahlt“ gemacht, ich bin die 3,8km komplett gekrault und war nach 1:16:41 raus aus dem Wasser.

Der Wechsel zum Rad verlief problemlos und schon war ich auf der Radstrecke – 180km lagen vor mir. Ich versuch es ruhig anzugehen und mich von den mich überholenden Fahrern nicht verrückt machen zu lassen. Es läuft super und ein Blick auf den Tacho sagt mir, ich bin die ersten 30km mit ‘nem 32 Schnitt unterwegs. Aber Vorsicht die Knackpunkte kommen ja noch und ich reduziere das Tempo ein wenig. In Greding am Kalvarienberg kam der Chrissi-Wellington-Express von hinten – so schnell wie die Frau an mir vorbei war konnte ich gar nicht gucken. Das Feeling an der Strecke ist irre, der ganze Landkreis ist auf den Beinen, die Leute feiern Volksfeste, machen Stimmung und treiben uns zum nächsten Kilometer. Eh ich mich versah war ich in Hilpoltstein und fuhr DEM Highlight der Radstrecke entgegen. Was kommt ist der Solarer Berg – wir fahren in einer Gasse von vielleicht 1m Breite diesen Berg hoch – so etwas hab ich noch nie erlebt, Gänsehaut, Herzschlag, alles – was hier abgeht kann man nicht beschreiben, deshalb versuch ich‘s auch gar nicht – man muss es erleben ;-).

Dieser Adrenalinschub treibt mich weiter Richtung Schwimmstart in die zweite Radrunde. Nach 5:49:17 hatte ich die 180km hinter mir, fahr in den Wechselgarten2 und hab damit meine bisherige Problemdisziplin ohne Schwierigkeiten gemeistert. Die Motivation hat doch glatt die 180km gehalten – auch eine neue Erfahrung denn meine Beziehung zum Rad war bisher eher durch Respekt geprägt. Der Abstieg vom Rad verlief noch problemlos, aber der Weg zu Fuß zum Wechselzelt war wieder eine neue Erfahrung. Mit solch wackligen Beinen bin ich bisher noch nie vom Rad gestiegen – hab ich’s vielleicht doch etwas übertrieben? Kurioserweise waren nach dem Umziehen die weichen Knie wieder weg und ich konnte ganz locker aus dem Wechselgarten2 in Richtung Laufstrecke starten.

Jetzt war ich in meinem Element und mir sicher diese 42km genießen zu können. Ich nahm jede Verpflegungsstation mit, beschränkte mich aber auf mein bewährtes Mittel – Wasser und Gel für den Magen und Wasser für den Kopf. Die Laufstrecke lag zum größten Teil im Schatten, aber die Temperaturen waren am späten Nachmittag auf gute 27°C gestiegen und ließen den Marathon dann doch zur befürchteten Hitzeschlacht werden. Auch hier an der Laufstrecke viele Stimmungsnester an denen die Zuschauer Party und uns Teilnehmer feierten. Nach 2:01:53 passierte ich die Halbmarathonmarke und machte mich auf den Weg dem Main-Donau-Kanal entlang zur Wendeschleife an der Kanalbrücke nach Eckersmühlen. Zurück zur Lände Roth, durch den Rothgrund geht es zum Finale dem neuen Highlight der Laufstrecke entgegen. Wir machen auf den letzten 2 Kilometern einen Abstecher durch das Zentrum von Roth über den historischen Marktplatz, auch hier wieder Gänsehautfeeling und Stimmung ohne Ende. Ich laufe mit unbeschreiblichen Gefühlen dem Ziel im Triathlonpark entgegen. Im Zielkanal einfach nur noch Emotionen, roter Teppich, tobende Zuschauer, das Finisher-Tor und die Ziellinie und meine erste Langdistanz war Geschichte. Challenge Roth

Mit einer Zeit an die ich nie geglaubt hätte, lief ich nach 11:19:44 mit einem breiten Grinsen im Gesicht überglücklich in’s Ziel. Wenn mir jemand vor 10 Jahren erzählt hätte das ich irgendwann 226km schwimmend, per Rad und zu Fuß an einem Tag zurücklegen würde, den hätte ich glatt für verrückt erklärt. An diesem für mich denkwürdigem 18.Juli 2010 bin ich zum Ironman geworden und brauch sicher ein paar Tage um wirklich zu realisieren was ich hier erlebt habe.

Bei der abendlichen Finishline-Party kochen nochmal alle Emotionen hoch, dieser Tag wird für mich unvergesslich bleiben.

Hier gibt’s Bilder